Trix und Robert Haussmann [Trix Haussmann-Högl (* 1933), Robert Haussmann (1931–2021)]

Robert Haussmann: Geb. 23. Oktober 1931 in Zürich, gest. 21. September 2021 in Zürich
Trix Haussmann-Högl: Geb. 6. November 1933 in Chur

Trix und Robert Haussmann gehören ohne jeden Zweifel zu den herausragenden Exponenten der Schweizer Architektur- und Designszene der letzten Jahrzehnte. Seit 1967 in einer geradezu idealen privaten und beruflichen Partnerschaft gemeinsam unterwegs, können sie ein ausserordentlich vielseitiges, breit gefächertes, theoretisch fundiertes, international orientiertes und rezipiertes Œuvre vorweisen, das neben praktischen Resultaten in den Bereichen Planung, Architektur, Innenraumgestaltung und Produktdesign auch zahlreiche theoretische und literarische Schriften umfasst. Sowohl Trix wie auch Robert Haussmann sind beide in Milieus aufgewachsen, die ihren Weg begünstigten und nachhaltig prägten. Dies ermöglichte ihnen die Moderne, «als deren Erziehungsprodukt» sie sich selbst einschätzen, zu hinterfragen und auf ganz eigenständige Art weiterzudenken.

Robert Haussmanns Eltern besassen am Werdmühleplatz in Zürich ein Tapeten- und Einrichtungsgeschäft. Auf Anregung seines Vaters, der seine zeichnerische Begabung erkannte hatte, besuchte er ab 1948 die Fachklasse für Innenausbau an der Kunstgewerbeschule in Zürich, aber auch als Gasthörer Seminare von Sigfried Giedion an der Architekturabteilung der ETH Zürich. Zu seinen prägenden Lehrern gehörten Johannes Itten, Wilhelm Kienzle und Willy Guhl, bei dem er 1952 diplomierte. Nach Lehr- und Wanderjahren in Amsterdam (u.a. Mitarbeit im Atelier von Gerrit Thomas Rietveld), in Mittelschweden und nach einer Stage wiederum in Amsterdam am Stedelijk Museum kehrte er in die Schweiz zurück. Die erste Anstellung führte ihn zur Eternit AG in Niederurnen, wo er als Assistent von Florian F. Adler vielfältige Aufgaben übernahm, von der Entwicklung von Eternit-Möbeln bis zur Konzeption und Gestaltung der Firmenzeitschriften (Eternit, ac-Revue). In dieser Zeit frequentierte Haussmann den Salon von Giedion und Carola Giedion-Welcker im Doldertal. Letztere war eine eigentliche Mentorin und förderte seine literarischen Interessen. Nach dem Tod seines Vaters 1955 übernahm Robert Haussmann mit seinem Bruder Peter und seiner Mutter Helene das Einrichtungsgeschäft. Gemeinsam eröffnete er mit seinem Bruder Peter 1956 einen zweiten Laden im Zürcher Oberdorf (Haussmann & Haussmann), wo sich auch Robert Haussmanns Atelier für Innenarchitektur und Produktdesign befand. Viele der in rascher Folge entstandenen Möbelentwürfe waren ebenso Hommagen wie kritische Überarbeitungen («Redesign») berühmter Möbelklassiker der 1920er Jahre, namentlich von Le Corbusier und Mies van der Rohe. Bedeutende öffentliche (Einrichtung der «Salle Suisse» im Gebäude der UNESCO in Paris, 1957/1958, und der Schweizerischen Botschaft in New Delhi, 1962) und private Aufträge (Kronenhalle Bar Zürich, 1965/1966) zeugen vom Erfolg des noch jungen Designers, dessen Renommee ihn auch in die Jury der «Guten Form» führte.

Trix Haussmann-Högl entstammt einer Architektendynastie. Urgrossvater und Grossvater waren die bekannten Frauenfelder Architekten Johann Joachim Brenner (1815–1886) und Albert Brenner (1860–1938), eine Tante mütterlicherseits die in Frauenfeld und Zürich tätige Gertrud Brenner (1905–1995). Nach der Gymnasialzeit in Bern begann sie ein Architekturstudium an der ETH Zürich und sammelte im Atelier von Rudolf Olgiati erste Praxiserfahrung. Eine erste Ehe und zwei Kinder sowie längere Auslandaufenthalte machten einen Studienunterbruch notwendig. Nach der Wiederaufnahme 1959 studierte sie unter anderen bei Werner M. Moser und Jacques Schader, bei dem sie 1963 diplomierte. 1967 schloss sie ihre Ausbildung mit einem Nachdiplomstudium am Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung der ETH Zürich ab.

Trix und Robert Haussmann lernten sich 1963 in einem Arbeitsteam der Expo 64 mit Ernst Gisel, Dolf Schnebli und Hans Howald (Centre de l’hôtellerie) kennen. Mit der Heirat 1967 begann ihre Zusammenarbeit, später im gemeinsamen Büro der «Allgemeinen Entwurfsanstalt Zürich». Die im Firmenlabel aufscheinende Ironie bildet ein Charakteristikum der nun entstehenden Arbeiten in den Bereichen Architektur, Innenarchitektur und Design. Die erste gemeinsame Arbeit waren die im Rahmen der Werkbundaktion «Chair Fun» entstandenen Möbelpersiflagen (Siamesicher Zwilling, choco chair, neon chair und maso chair). Als Antwort auf die dogmatische Autorität des Werkbunds, waren diese Arbeiten wegweisend, indem sie die funktionalistische Gestaltung und die im Werkbund hochgehaltene «Gute Form» ironisch kommentierten.
Auf der Suche nach neuen Ausdrucksmitteln wurden sie paradoxerweise in der Geschichte fündig. In den frühen siebziger Jahren begannen sie sich intensiv mit dem historischen Manierismus des 16. Jahrhunderts zu befassen. Vademekums bei dieser Recherche waren etwa Gustav René Hockes Die Welt als Labyrinth (1957) und Ernst Gombrichs Art and Illusion (1959, dt. 1967). Gleichgesinnte Kollegen fanden sie vor allem in Mailand (Studio Alchimia mit u.a. Alessandro Guerriero, Alessandro Mendini und Ettore Sottsass). Eine erste Präsentation der aus dieser Recherche hervorgegangenen Produkte erfolgte deshalb, – unter dem Arbeitstitel des «Manierismo critico» – nicht zufällig 1981 im Studio Marconi in Mailand, die von einem kleinen Katalog begleitet war. Eine deutsche Übersetzung des Einführungstextes von Gillo Dorfles findet sich im selben Jahr in der Oktober-Ausgabe des Werk, Bauen + Wohnen (Nr. 10, 1981) zusammen mit einem programmatischen Text von Trix und Robert Haussmann («Über unsere Arbeiten»).
Eine Neuinterpretation der im Manierismus vorgefundenen Gestaltungsmittel (Materialverfremdung, Raumillusionen wie beschleunigte Perspektiven und Anamorphosen, literarisierende Formen wie Paraphrasen oder Zitate) erprobten sie zuerst experimentell in den sogenannten «Lehrstücken» in Form von Modellen und Objekten, um sie dann in konkreten Projekten anzuwenden. Signum all dieser Arbeiten ist der hohe künstlerische Anspruch und die technische wie handwerkliche Präzision. In der Folge entstanden zahlreiche Möbelentwürfe in Zusammenarbeit mit renommierten Firmen (teo jakob, Dietiker, De Sede, Röthliberger, Wogg, Knoll International), Ladeneinrichtungen in der Schweiz (unter anderen IBM, Weinberg in Zürich) und Deutschland (unter anderen Schuhläden Görtz, Georg Erdmann Berlin), Um- und Neubauten, aber auch städtebauliche Projekte (Gestaltungsgutachten östliche Innenstadt Hamburg, 1985). Ihre Haltung zur Postmoderne, mit der die Haussmanns gerne in Beziehung gebracht werden, ist ambivalent. Merkmale wie Komplexität und Widerspruch, Mehrfachkodierung oder der freie Zugriff auf historische Formen sind aber tatsächlich für ihren kritischen Manierismus typisch. Den Auftakt in der Reihe der Grands Travaux machte die Galleria in Hamburg (1978–83), eine der frühen Ladenpassagen im Westteil der Innenstadt. Später folgten die Erweiterung des Museums zu Allerheiligen in Schaffhausen (1989–1996), der Umbau des Museums Schloss Kyburg (1992–2001) sowie der Stadtbibliothek Baden (1994–1995). Opus summum in jeder Beziehung war der Umbau des Hauptbahnhofs Zürich, für den sie ab 1987 zusammen mit Steigerpartner zuständig waren (bis 1997).

Trix Haussmann unterrichtete 1997–2000 im Rahmen eines Lehrauftrags an der ETH Zürich «Konstruktion und Gestaltung im Innenausbau», Robert Haussmann wurde nach Lehraufträgen an der Zürcher Kunstgewerbeschule und der ETH Zürich 1986 als Entwurfsprofessor für Architektur an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart berufen, wo er im Jahr 1998 emeritiert wurde.
Trix und Robert Haussmann waren seit 1982 Mitglieder des Bundes Schweizer Architekten BSA und seit 1996 Ehrenmitglieder des Bundes Deutscher Architekten BDA. 2013 erhielten sie den vom Bundesamt für Kultur vergebenen Grand Prix Design.

Bruno Maurer

Zitierweise: Bruno Maurer, Bestandesbeschrieb Trix und Robert Haussmann-Högl, in: Website des gta Archivs / ETH Zürich, April 2016, archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/trix-und-robert-haussmann
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Bestand


  • Pläne, Akten, Fotos zu Bauten und Entwürfen (12 Laufmeter Rollen, 30 Laufmeter Schachteln)

Ausgewählte Literatur


  • Trix & Robert Haussmann. Manierismo critico, progetti, oggeti, superfici, Ausst.-kat., Mailand 1981 (Centro Culturale Studio Marconi Documenti 5).
  • T[rix] und R[obert] H[aussmann], Zu unseren Arbeiten, in: Werk, Bauen + Wohnen 68 (1981), Nr. 10, S. 29–32.
  • Teo Jakob AG (Hg.), 30 Jahre Teo Jakob, Robert und Trix Haussmann, Ausst.-kat. Bern 1987 (Schweizer Möbeldesign 3).
  • Christoph J. Bürkle, «Haussmann, Robert und Trix», in: Isabelle Rucki und Dorothee Huber (Hg.), Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel/Boston/Berlin 1998, S. 256–257.
  • Jean-Noël Jetzer, «Haussmann, Robert / Haussmann-Högl, Trix», in: Dizionario dell’architettura del XX secolo, Turin/London 2001, Bd. 3, S. 223–224.
  • Arthur Rüegg (Hg.), Schweizer Möbel und Interieurs im 20. Jahrhundert, Basel/Boston/Berlin 2002.
  • Gabriela Güntert, Sie bauten den Thurgau, Die Architekten Brenner, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2004 (Denkmalpflege im Thurgau 6).
  • Peter Röthlisberger, Alfred Hablützel, Robert Haussmann, Trix Haussmann-Högl, Die Allgemeine Entwurfsanstalt mit Trix und Robert Haussmann. Möbel für die Röthlisberger Kollektion, Sulgen 2011.
  • Fredi Fischli und Niels Olsen (Hg.), Trix + Robert Haussmann, Zürich 2012.
  • Christian Brändle, Renate Menzi und Arthur Rüegg (Hg.), 100 Jahre Schweizer Design, Zürich 2014.
  • Gabriela Güntert, Bruno Maurer und Arthur Rüegg (Hg.), Trix und Robert Haussmann. Kultur der Formgebung, Zürich 2017.
  • Joan Billing und Samuel Eberli, Trix & Robert Haussmann, Zürich 2019 (Protagonisten der Schweizer Wohnkultur).
  • Sabine von Fischer, «Von der Kronenhalle-Bar bis zum Shop-Ville hat er das Undenkbare in Farben und Formen gefasst», in: Neue Zürcher Zeitung, 28. September 2021, https://www.nzz.ch/feuilleton/robert-haussmann-hat-die-welt-der-gestaltung-bereichert-ld.1647725.