Gebhard Utinger (1879–1960)

Geb. 3. April 1879 in Baar, gest. 11. Januar 1960 in Zürich

Nach einer Lehre bei der Baufirma Keller in Luzern bildete sich Gebhard Utinger in den Jahren 1889-1901 an der Baugewerkschule in Karlsruhe weiter. Es folgten praktische Tätigkeiten in verschiedenen Architekturbüros in Deutschland und der Schweiz. Ausserdem belegte er Kurse für Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Dresden.

1906 liess sich Utinger in Breslau nieder. Die schlesische Metropole war spätestens seit den 1910-er Jahren einer der Brennpunkte der modernen Architektur. Davon zeugen so bedeutende Bauten wie die Jahrhunderthalle von Max Berg oder das Kaufhaus Petersdorff von Erich Mendelsohn. An der Akademie für Kunst und Kunstgewerbe wirkten Hans Poelzig und August Endell als Direktoren sowie Hans Scharoun, Oskar Schlemmer und Georg Muche als Lehrer.

Utinger unterrichtete in Breslau an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule, zuerst als Lehrer für angewandte Malerei, später als Professor für kirchliche Kunst. Als freischaffender Künstler und Architekt verfasste er daneben zahlreiche Wettbewerbsbeiträge, Innenausstattungen von Kirchen, grosse Freskenzyklen und kunstgewerbliche Arbeiten. Beachtung fanden insbesondere das schmiedeiserne Gitter und die Ausmalung der Klosterkirche Branitz 1930-1933.

1933 wurde Utinger von den Nationalsozialisten als Hochschullehrer abgesetzt. Er erhielt eine Berufung an die Kunstgewerbeschule Luzern, die er 1934-1939 leitete. 1941-1944 arbeitete er erneut in Breslau, danach in Zürich. In seinen letzten Jahren beschäftigte er sich ausschliesslich mit Malerei und Kunsthandwerk.

Das ausgeführte architektonische Werk von Gebhard Utinger umfasst neben einigen wichtigen Innenausstattungen von kirchlichen Bauten lediglich zwei Kraftwerke mit einer Beamtenwohnkolonie, zwei grössere Kriegerdenkmäler, Bauten für die Kammgarnspinnerei Schöller-Eitorf sowie das eigene Wohnhaus, allesamt in Breslau und Umgebung. Von den zahlreichen Entwürfen für Kirchen, monumentale Denkmäler und öffentliche Bauten wurde keiner realisiert. Während die frühen Wettbewerbsentwürfe für den Friedenspalast in Den Haag, den Hauptbahnhof in Stuttgart oder das Rathaus in Gleiwitz stark vom süddeutschen Jugendstil Hermann Billings und Curjel & Mosers beeinflusst sind, zeigt sich später eine Tendenz zum expressionistischen Idealarchitekturen – eine Entwicklung, welche Ende der 1930er-Jahre in der platten, neoklassizistischen Monumentalität des Theaters der Völker in Luzern gipfelt.

Daniel Weiss

Zitierweise: Daniel Weiss, Bestandesbeschrieb Gebhard Utinger, in: Website des gta Archivs / ETH Zürich, November 2010, archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/gebhard-utinger
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Bestand



Der architekturbezogene Teilnachlass von Utinger umfasst zwei Planschubladen sowie sechs Rollenschachteln mit Skizzen und Plänen zu rund 90 Objekten, von den wenigen ausgeführten Bauten über Projekte und Wettbewerbsentwürfe bis zu Innenausstattungen, Wandbildern und kunstgewerblichen Arbeiten, sowie ein Skizzenbuch. Fotos, Akten und Korrespondenz sind nicht vorhanden. Das Material wurde vollständig geordnet, nummeriert und objektweise in der Datenbank aufgenommen.
Der malerische und zeichnerische Nachlass Utingers befindet sich im Archiv der Einwohnergemeinde Baar.

Ausgewählte Literatur


  • Zuger Neujahrsblatt, hrsg. von der Gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Zug, Zug, 1946, S. 20-30.
  • Künstler-Lexikon der Schweiz. XX. Jahrhundert, hrsg. vom Verein zur Herausgabe des Schweizerischen Künstler-Lexikons, Bd. 2, Frauenfeld, Huber, 1963-67, S. 998.
  • Joanna Drejer, Ein vergessenes Werk. Gebhard Utinger und sein Projekt für das Kunstmuseum Basel, Abschlussarbeit Nachdiplom Architekturgeschichte gta/ETH, Zürich 1993.
  • Dariusz Stoces, Zespół krat żelaznych w bazylice Świetej Rodziny w Branicach - dzieło Gebharda Utingera, Magisterarbeit Universität Wrocław 2001 [zum Eisengitterensemble in der Basilika der Hl. Sippe in Branitz/Branice].
  • Konstanze Beelitz, Niclas Förster. Breslau – Wrocław. Die Architektur der Moderne, Tübingen, Wasmuth, 2006. S. 110-111.