Baerlocher & Unger [Felix Baerlocher (1915–2004), Fred Unger (1917–2000), Charlotte Unger-Hugentobler (1918–2011)]
Felix Baerlocher, geb. 23. Oktober 1915 in Rheineck, Sankt Gallen, gest. 10. März 2004 in St. Gallen
Fred Willem Unger, geb. 19. März 1917 in Baden, gest. 21. Juni 2000
in Zürich
Charlotte Unger-Hugentobler, geb. 22. September 1918 in Zürich,
gest. 31. März 2011 in Zürich
Das Büro Baerlocher & Unger mit Sitz in Zürich und Zweigstelle in St. Gallen konnte von Ende der 1940er bis Mitte der 1980er Jahre oft aufgrund von Wettbewerbserfolgen überregional zahlreiche Bauten realisieren, die auch in Fachzeitschriften Beachtung fanden.
Sowohl Felix Baerlocher als auch Fred Unger hatten an der Architekturabteilung der ETH Zürich studiert und waren nach dem Diplom noch einige Monate als Praktikanten an Entwurfslehrstühlen angestellt, Baerlocher bei Friedrich Hess und Unger bei Hans Hofmann.
Während Baerlocher danach von Zürich aus unter eigenem Namen an Wettbewerben teilnahm und 1945 beim Schulhaus Rebhügel in Zürich mit einem Ankauf sowie im Jahr darauf in Arbeitsgemeinschaft mit Werner Stücheli bei der Frauenklinik des Kantonsspitals Zürich mit einem 3. Preis ausgezeichnet wurde, arbeitete Unger seit 1942 im Büro von Ernst Hänny & Sohn in St. Gallen. Dort heiratete er 1944 Charlotte Hugentobler, die ebenfalls an der ETH Architektur studiert hatte.
1947 eröffneten Baerlocher und Unger ein gemeinsames Büro in Zürich. Noch im selben Jahr errangen sie einen 5. Preis im vielbeachteten Wettbewerb für die Erweiterung der ETH und die Neubauten der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Versuchsanstalt (Empa, seit 1988 Eidgen. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt) in Zürich. Ungefähr von 1950 bis 1955 bildeten sie zudem eine Arbeitsgemeinschaft mit dem bekannten St. Galler Büro von Ziegler & Balmer (Erwin von Ziegler, Hans Balmer). Baerlocher zog deshalb 1950 nach St. Gallen um und führte das Büro von Ziegler & Balmer von Mitte der 1950er Jahre an als St. Galler Zweigstelle von Baerlocher & Unger weiter. Unger betreute weiterhin den Hauptsitz in Zürich, in dem Charlotte Unger-Hugentobler zumindest teilweise mitarbeitete. Die Zweigstelle in St. Gallen verhalf zu Direktaufträgen in der Ostschweiz. Darüber hinaus konnten Baerlocher und Unger als Bürger von Baden im Kanton Aargau bzw. Thal im Kanton St. Gallen und wegen des Hauptsitzes in Zürich in drei Kantonen an den damals nur selten national ausgeschriebenen Wettbewerben teilnehmen.
Neben zahlreichen Einfamilienhäusern führten Baerlocher & Unger eine ganze Reihe von Wohnsiedlungen und Mehrfamilienhäusern aus. 1950/51 waren sie mit den Architekten Max Rasser und Fritz Rüegsegger sowie dem Bauunternehmer Eugen Scotoni an der Überbauung Rappoltshof in Basel beteiligt. Das markante scheibenförmigen Wohnhochhaus, eines der ersten in der Schweiz, stiess auf grössere Aufmerksamkeit. Für die von 1952 bis 1954 zusammen mit CJP Cramer+Jaray+Paillard realisierte Siedlung In der Au in Zürich-Schwamendingen erhielten Baerlocher & Unger 1954 die Auszeichnung für gute Bauten der Stadt Zürich. Ebenfalls im Auftrag der Stiftung Wohnungen für kinderreiche Familien realisierten sie 1965 in Zürich-Leimbach eine weitere bemerkenswerte Überbauung.
Einen zweiten Schwerpunkt im Werk von Baerlocher & Unger bilden Schulbauten. Bei Wettbewerben wurden sie immer wieder mit Preisen oder Ankäufen ausgezeichnet. Zur Ausführung kamen etwa das noch ganz dem Geist der Schweizerischen Landesausstellung 1939 verpflichtete Schulhaus Nesslau SG von 1952 (gemeinsam mit von Ziegler & Balmer) oder das mit seinen luftigen Pavillonbaute ganz im Zeichen des Aufbruchs stehende Sekundar- und Realschulhaus in Goldach SG (1956/57) oder das brutalistische Oberstufenschulhaus in Aadorf TG (1977/78).
Realisieren konnten Baerlocher & Unger zudem mehrere Büro- und Geschäftshäuser, Umbauten von Bankgebäuden oder grössere Hotelbauten in Zürich, Weggis und Ascona. Immer wieder wurden sie schliesslich auch mit Bauten für Gewerbe, Industrie oder Infrastruktur beauftragt. Erwähnenswert sind unter anderem das formal besonders prägnante Lagerhaus für die Seifenfabrik Suter, Moser & Co. in St. Gallen (1959/60) oder die technisch komplexe Kehrrichtverbrennungsanlage im Hagenholz in Zürich (1966–1969) mit dem neuartigen Fleischmehlbetrieb (1973–1975).
Das Büro blieb bis Mitte der 1980er Jahre aktiv. Einer der letzten grossen Aufträge war der 1981 eingeweihte Totalumbau des Römerhofs in Zürich für die Schweizerische Bankgesellschaft mit der neuen Talstation der Dolderbahn. Hatten die ersten Planungen um 1970 noch einen Ersatzneubau vorgesehen, entschied man sich später für eine Auskernung unter Erhaltung der prunkvollen historistischen Fassade.
Eine durchgehende architektonische Handschrift ist bei Baerlocher & Unger nicht zu erkennen. Die Bauten des Büros sind zwar durchaus ansprechend und bis ins Detail sauber durchgearbeitet. Sie spiegeln aber vor allem den jeweiligen Zeitgeist wider. Das anfänglich noch kleinteilige und eher biedere Erscheinungsbild weicht von Mitte der 1950er an Jahre einer deutlich gradlinigeren, frischeren Formensprache.
Daniel Weiss
Zitierweise: Daniel Weiss, Bestandsbeschrieb Baerlocher & Unger, in: Website des gta Archivs / ETH Zürich, März 2021, http://www.archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/baerlocher-unger
© gta Archiv / ETH Zürich und der Autor, alle Rechte bleiben vorbehalten. Dieses Werk darf für nichtkommerzielle, pädagogische Zwecke kopiert und weiterverbreitet werden, wenn die Erlaubnis des Autors und der Inhaber der Nutzungsrechte erteilt ist. Für die Genehmigung wenden Sie sich bitte an das gta Archiv.
3 Archivschachteln mit Fotografien, Modellaufnahmen und vereinzelten weiteren Materialien zu rund 60 Bauten und Entwürfen, Studentenarbeiten von Fred Unger und Charlotte Hugentobler sowie Entwürfen für Neujahrskarten des Büros Baerlocher & Unger. Neben Aufnahmen von professionellen Fotografen finden sich zahlreiche Abzüge und Negative, die das Büro selbst anfertigte. Vermutlich stammt ein grosser Teil davon sowie die Entwürfe für die Neujahrskarten von Charlotte Unger-Hugentobler.
Fred Willem Unger, geb. 19. März 1917 in Baden, gest. 21. Juni 2000
in Zürich
Charlotte Unger-Hugentobler, geb. 22. September 1918 in Zürich,
gest. 31. März 2011 in Zürich
Das Büro Baerlocher & Unger mit Sitz in Zürich und Zweigstelle in St. Gallen konnte von Ende der 1940er bis Mitte der 1980er Jahre oft aufgrund von Wettbewerbserfolgen überregional zahlreiche Bauten realisieren, die auch in Fachzeitschriften Beachtung fanden.
Sowohl Felix Baerlocher als auch Fred Unger hatten an der Architekturabteilung der ETH Zürich studiert und waren nach dem Diplom noch einige Monate als Praktikanten an Entwurfslehrstühlen angestellt, Baerlocher bei Friedrich Hess und Unger bei Hans Hofmann.
Während Baerlocher danach von Zürich aus unter eigenem Namen an Wettbewerben teilnahm und 1945 beim Schulhaus Rebhügel in Zürich mit einem Ankauf sowie im Jahr darauf in Arbeitsgemeinschaft mit Werner Stücheli bei der Frauenklinik des Kantonsspitals Zürich mit einem 3. Preis ausgezeichnet wurde, arbeitete Unger seit 1942 im Büro von Ernst Hänny & Sohn in St. Gallen. Dort heiratete er 1944 Charlotte Hugentobler, die ebenfalls an der ETH Architektur studiert hatte.
1947 eröffneten Baerlocher und Unger ein gemeinsames Büro in Zürich. Noch im selben Jahr errangen sie einen 5. Preis im vielbeachteten Wettbewerb für die Erweiterung der ETH und die Neubauten der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Versuchsanstalt (Empa, seit 1988 Eidgen. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt) in Zürich. Ungefähr von 1950 bis 1955 bildeten sie zudem eine Arbeitsgemeinschaft mit dem bekannten St. Galler Büro von Ziegler & Balmer (Erwin von Ziegler, Hans Balmer). Baerlocher zog deshalb 1950 nach St. Gallen um und führte das Büro von Ziegler & Balmer von Mitte der 1950er Jahre an als St. Galler Zweigstelle von Baerlocher & Unger weiter. Unger betreute weiterhin den Hauptsitz in Zürich, in dem Charlotte Unger-Hugentobler zumindest teilweise mitarbeitete. Die Zweigstelle in St. Gallen verhalf zu Direktaufträgen in der Ostschweiz. Darüber hinaus konnten Baerlocher und Unger als Bürger von Baden im Kanton Aargau bzw. Thal im Kanton St. Gallen und wegen des Hauptsitzes in Zürich in drei Kantonen an den damals nur selten national ausgeschriebenen Wettbewerben teilnehmen.
Neben zahlreichen Einfamilienhäusern führten Baerlocher & Unger eine ganze Reihe von Wohnsiedlungen und Mehrfamilienhäusern aus. 1950/51 waren sie mit den Architekten Max Rasser und Fritz Rüegsegger sowie dem Bauunternehmer Eugen Scotoni an der Überbauung Rappoltshof in Basel beteiligt. Das markante scheibenförmigen Wohnhochhaus, eines der ersten in der Schweiz, stiess auf grössere Aufmerksamkeit. Für die von 1952 bis 1954 zusammen mit CJP Cramer+Jaray+Paillard realisierte Siedlung In der Au in Zürich-Schwamendingen erhielten Baerlocher & Unger 1954 die Auszeichnung für gute Bauten der Stadt Zürich. Ebenfalls im Auftrag der Stiftung Wohnungen für kinderreiche Familien realisierten sie 1965 in Zürich-Leimbach eine weitere bemerkenswerte Überbauung.
Einen zweiten Schwerpunkt im Werk von Baerlocher & Unger bilden Schulbauten. Bei Wettbewerben wurden sie immer wieder mit Preisen oder Ankäufen ausgezeichnet. Zur Ausführung kamen etwa das noch ganz dem Geist der Schweizerischen Landesausstellung 1939 verpflichtete Schulhaus Nesslau SG von 1952 (gemeinsam mit von Ziegler & Balmer) oder das mit seinen luftigen Pavillonbaute ganz im Zeichen des Aufbruchs stehende Sekundar- und Realschulhaus in Goldach SG (1956/57) oder das brutalistische Oberstufenschulhaus in Aadorf TG (1977/78).
Realisieren konnten Baerlocher & Unger zudem mehrere Büro- und Geschäftshäuser, Umbauten von Bankgebäuden oder grössere Hotelbauten in Zürich, Weggis und Ascona. Immer wieder wurden sie schliesslich auch mit Bauten für Gewerbe, Industrie oder Infrastruktur beauftragt. Erwähnenswert sind unter anderem das formal besonders prägnante Lagerhaus für die Seifenfabrik Suter, Moser & Co. in St. Gallen (1959/60) oder die technisch komplexe Kehrrichtverbrennungsanlage im Hagenholz in Zürich (1966–1969) mit dem neuartigen Fleischmehlbetrieb (1973–1975).
Das Büro blieb bis Mitte der 1980er Jahre aktiv. Einer der letzten grossen Aufträge war der 1981 eingeweihte Totalumbau des Römerhofs in Zürich für die Schweizerische Bankgesellschaft mit der neuen Talstation der Dolderbahn. Hatten die ersten Planungen um 1970 noch einen Ersatzneubau vorgesehen, entschied man sich später für eine Auskernung unter Erhaltung der prunkvollen historistischen Fassade.
Eine durchgehende architektonische Handschrift ist bei Baerlocher & Unger nicht zu erkennen. Die Bauten des Büros sind zwar durchaus ansprechend und bis ins Detail sauber durchgearbeitet. Sie spiegeln aber vor allem den jeweiligen Zeitgeist wider. Das anfänglich noch kleinteilige und eher biedere Erscheinungsbild weicht von Mitte der 1950er an Jahre einer deutlich gradlinigeren, frischeren Formensprache.
Daniel Weiss
Zitierweise: Daniel Weiss, Bestandsbeschrieb Baerlocher & Unger, in: Website des gta Archivs / ETH Zürich, März 2021, http://www.archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/baerlocher-unger
© gta Archiv / ETH Zürich und der Autor, alle Rechte bleiben vorbehalten. Dieses Werk darf für nichtkommerzielle, pädagogische Zwecke kopiert und weiterverbreitet werden, wenn die Erlaubnis des Autors und der Inhaber der Nutzungsrechte erteilt ist. Für die Genehmigung wenden Sie sich bitte an das gta Archiv.
Bestand
3 Archivschachteln mit Fotografien, Modellaufnahmen und vereinzelten weiteren Materialien zu rund 60 Bauten und Entwürfen, Studentenarbeiten von Fred Unger und Charlotte Hugentobler sowie Entwürfen für Neujahrskarten des Büros Baerlocher & Unger. Neben Aufnahmen von professionellen Fotografen finden sich zahlreiche Abzüge und Negative, die das Büro selbst anfertigte. Vermutlich stammt ein grosser Teil davon sowie die Entwürfe für die Neujahrskarten von Charlotte Unger-Hugentobler.
Ausgewählte Literatur
- Hotel Ascot in Zürich-Enge, in: Schweizerische Bauzeitung 72 (1954), Nr. 34, S. 490–492.
- Siedlung «In der Au» in Zürich-Schwamendingen, in: Werk 42 (1955), Nr. 2, S. 37–47.
- Kino Albis in Zürich 3, in: Schweizerische Bauzeitung 73 (1955), Nr. 2, S. 24–27.
- Kehrrichtverbrennungsanlage II, Hagenholz, Zürich, in: Werk 57 (1970), Nr. 6, S. 390–393.
- Fleischmehlbetrieb «Hagenholz», Zürich, in: Aktuelles Bauen 11 (1975), Nr. 5, S. 52–55.
- Schulhaus mit Schwimmhalle in Aadorf, in: Schweizerische Bauzeitung 96 (1978), Nr. 14, S. 247–248.
- Umbau «Römerhof», Zürich, in: Schweizer Ingenieur und Architekt 100 (1982), Nr. 5, S. 1.
- Siedlung in der Au, in: Mehr als Wohnen. Gemeinnütziger Wohnungsbau in Zürich 1907–2007, Zürich 2007, S. 116–117.
- Wohnsiedlung Leimbach, in: Mehr als Wohnen. Gemeinnütziger Wohnungsbau in Zürich 1907–2007, Zürich 2007, S. 138–139.