René Haubensak (1931–2018)

René Haubensak (1931–2018)

Geb. 11. April 1931 auf dem Brünigpass, gest. 18. August 2018 in Dietikon

René Haubensak verbrachte seine Jugend im Berner Oberland. Nach einer Bauzeichnerlehre in Bern folgten Wanderjahre im In- und Ausland, besonders in Schweden und Finnland. 1959 eröffnete Haubensak in Zürich ein eigenes Architekturbüro.

Anfänglich widmete er sich der Sanierung und dem Umbau von Altbauliegenschaften in der Zürcher Altstadt; erwähnt sei das Haus zur Sonnenblum im Oberdorf (1965). Auch Ladeneinrichtungen gehörten zum Repertoire. Gleichzeitig nahm er an zahlreichen Wettbewerben teil und war Mitglied der Zürcher Arbeitsgruppe Städtebau (ZAS), einer losen Gruppe von 38 Fachleuten – mehrheitlich Architekten –, die sich zu Diskussionen, Aktionen sowie Arbeiten an Gegenvorschlägen hinsichtlich des Zürcher Planungs- und Baugeschehens trafen. Die ZAS war zwischen den 1950er und 1980er Jahren aktiv, Haubensak war der einzige Nicht-Akademiker. Der Fokus ihrer Arbeit lag auf dem baulichen Bestand der Stadt – in einer Zeit wohlgemerkt, als Architekten überwiegend um Neubauten ausserhalb der Städte auf der sogenannten grünen Wiese bemüht waren.

Ein weiterer Schwerpunkt in Haubensaks Schaffen sind drei Neubausiedlungen: Neualtwil im sanktgallischen Wil mit dem 1973 gewonnenen Ideenwettbewerb und drei zwischen 1979 und 1998 realisierten Etappen; von 1978 bis 1987 entstanden die Mehrfamilienhäuser Linde, Buche und Zeder an der Zollikerstrasse in Zürich – ein Direktauftrag von Marian von Castelberg; 1998 gewann Haubensak den Ideenwettbewerb für die Siedlung Ankenbüel in Zumikon (Fertigstellung 2018, Ausführung ab 2008 durch Dachtler Partner, Zürich). Bei allen Planungen folgte der Städtebauer Haubensak den Grundsatz der Dichte, wobei er sich formal an historischen Vorbildern orientierte. Zum einen waren ihm die Gassen und Plätze innerhalb der Siedlungen wichtig, konzipiert als öffentliche Räume. Zum anderen war es ihm ein Anliegen, durch die bauliche Dichte Frei- und Erholungsräume in der Umgebung der Siedlungen generieren zu können. Haubensak verfolgte das Thema Verdichtung zu einer Zeit, als diese noch nicht auf den Agenden der Verwaltungen und der Politiker figurierte.

Formal war Haubensak ein «freier» Mensch und experimentierte mit dem Formenvokabular der jeweiligen zeitgenössischen Strömungen. Im Falle der drei Häuser Fenner (1978) sowie Schärrüti und Wyss (beide 1987) in Zumikon etwa lehnte er sich an das vernakuläre oder ländliche Bauen an, wobei die beiden jüngeren Gebäude zugleich postmoderne Züge aufweisen. Neualtwil und die Bauten an der Zollikerstrasse gehören der Postmoderne an, wenngleich die Referenzen variieren: Im Falle von Neualtwil ist es der Wiler Altstadtkern, im Falle von Zürich sind Bezüge zu Lucien Kroll, Frank Gehry oder auch Friedensreich Hundertwasser erkennbar. Bei Ankenbüel griff Haubensak auf eine klare, kubische, damit sich stärker an der klassichen Moderne orientierende Formensprache zurück.

Ein während seiner fast fünfzigjährigen Schaffenszeit stets wiederkehrendes Moment ist der Bezug zur Natur: Ob es bei Wettbewerben um 1960 die formale Anlehnung an das Werk eines Alvar Aalto ist, ob es die organisch-polygonalen Grundrisse beim Wettbewerb für eine Kirche in Sarnen (1962) oder bei den Häusern Linde, Buche und Zeder sind oder ob es sich um den Schmetterling Aurinia als Wettbewerbseingabe für die Zukunft des Dübendorfer Militärflugplatzes (2011) handelt – immer wird der Natur Reverenz erwiesen.

Haubensak war ein umtriebiger, «sperriger» Architekt. Er liebte den Austausch mit Menschen, waren es Bauträger, spätere Bewohnerinnen und Bewohner, Kollegen oder Freunde. Er baute für Menschen (genannt sei hier weiter die Spielruine Klingenhof im Zürcher Kreis 5, 1976–1979). Humane Architektur und Siedlungen: Das war das grundsätzliche, gleichbleibende Anliegen René Haubensaks.

Inge Beckel

Zitierweise: Inge Beckel, Bestandsbeschrieb René Haubensak, in: Website des gta Archivs / ETH Zürich, November 2021, www.archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/rene-haubensak
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Bestand



Der Nachlass Haubensaks enthält (kolorierte) Skizzen, Pläne, Fotos, (eigenes) Schriftmaterial und Publikationen zu rund 89 Bauten und Entwürfen sowie etlichen (städtebaulichen) Themen; ausserdem Portraitfotografien, Fotoserien und Modelle. Das Material ist vollständig geordnet, nummeriert und objektweise in der Archivdatenbank erfasst. Der Bestand umfasst im Einzelnen:
  • 7 Planschubladen
  • 1 Hängeregisterschublade
  • 48 Archivschachteln
  • 40 Modelle
  • 1 Laufmeter Schachteln, in denen noch verschiedenes Material lagert
  • 13 Rollenschachteln
  • 0,1 Laufmeter Bibliothek

Ausgewählte Literatur


  • Die Galerie Läubli im Haus Zur Sonnenblum, in: Neue Zürcher Zeitung, 30. Juli 1966, Bl. 8, Morgenausg. (gez. «ms.»).
  • Rudolf Schilling, Ein Muster, soweit Wohnqualität eine Angelegenheit der Architektur ist [Neualtwil], in: werk-archithese 65 (1978), Nr. 21/22, S. 18–19.
  • Jeannine Pilloud, Keine Angst vor Widersprüchen [Häuser Linde, Buche, Zeder], in: archithese 10 (1988), Nr. 5, S. 57–60.
  • René Haubensak, Der Haus-Arzt kommt auf Besuch. Ein Arbeitsjournal, Birmensdorf: Eigenverlag, 2015.
  • Valerie Zaslawski, Schmetterling Aurinia wartet auf Landeerlaubnis, in: Neue Zürcher Zeitung, 3. April 2015.
  • Jenny Keller, René Haubensak (1931 bis 2018), in: Swiss Architects, 23. August 2018, https://www.swiss-architects.com/de/architecture-news/meldungen/rene-haubensak-1931-bis-2018 (Nekrolog).
  • Fritz Schwarz, René Haubensak, 1931–2018. Nachruf, in: werk, bauen + wohnen, 105 (2018), Nr. 12, S. 45.
  • Inge Beckel (Hg.), René Haubensak. Ein Architekt sui generis, Salzburg: Müry Salzmann, 2021.