Hannes Meyer (1889–1954)
Geb. 18. November 1889 in Basel, gest. 19. Juli 1954 in Crocifisso di Lugano
Hannes Meyer lernte 1905-1908 Maurer und Bauzeichner in Basel; nebenbei besuchte er die Gewerbeschule. Seit 1909 war er in der deutschen und Schweizer Bodenreform- und Genossenschaftsbewegungen aktiv. In den Jahren 1910-1912 arbeitete er in Berlin und besuchte nebenbei Hochschulkurse zu Ökonomie, Bodenreform und Städtebau. Es folgten eine Studienreise zu den Gartenstädten in England, der Militärdienst, die Mitarbeit bei Georg Metzendorf in München und in der Krupp’schen Bauverwaltung in Essen.
Ab 1919 war Meyer als Architekt mit einem eigenen Büro in Basel tätig. Sein erster realisierter Auftrag war die genossenschaftliche Siedlung Freidorf in Muttenz (1919-1923) für den «Verband Schweizer Konsumvereine» (VSK). Mit Freidorf wurde Meyer sogleich über die Schweizer Grenzen hinaus bekannt. Die Siedlung wurde nach dem Pestalozzi’schen «System der kleinen Kreise» sozial geordnet. Sie ist formal einem reduzierten Neoklassizismus verpflichtet, dabei als Anlage jedoch modularisiert, normiert und streng orthogonal geordnet.
Im Anschluss hieran entwarf Meyer für den VSK eine Ausstellungsarchitektur in Belgien (1924) und betrieb unter dem Begriff «Co-op» Produktdesign, politisches Theater, Fotografie und Grafik. Er schloss sich der avantgardistischen Basler Architektengruppe ABC an – der unter anderem Hans Schmidt, Mart Stam, Emil Roth angehörten – und konzentrierte sich seit Mitte der 1920er Jahre in seiner Bürogemeinschaft mit Hans Wittwer zunehmend auf die Verwissenschaftlichung der Architektur. Herausragende Projekte dieser Zeit sind die konstruktivistisch orientierten Wettbewerbsbeiträge für die Petersschule in Basel und den Völkerbundpalast in Genf.
Nachdem Meyer 1927 von Walter Gropius als Lehrer an das Bauhaus in Dessau gerufen worden war, wurde er ein Jahr später dessen Nachfolger auf dem Direktorenposten. Standardisierung, Massenproduktion und das Paradigma objektivistischen Entwerfens bestimmten Meyers Architekturlehre. Zusammen mit Hans Wittwer realisierte er 1928-1930 die «Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes» in Bernau bei Berlin und – zusammen mit seinen Schülern – fünf Laubenganghäuser in Dessau-Törten. Auf Grund politischer Auseinandersetzungen wurde er bereits 1930 wieder von seinem Direktorenposten entbunden und siedelte in die UdSSR über, wo er sich vor allem städteplanerisch, theoretisch und im Bereich Wohnungswesen betätigte.
Von 1936-1939 lebte er kurzzeitig wieder in der Schweiz und realisierte für den VSK ein Kinderheim in Mümliswil. Danach ging Meyer nach Mexiko-City, wo er bis 1949 eine Professur bekleidete und auch wieder verstärkt politisch aktiv war. Ebenso wie in der UdSSR konnte er jedoch auch in Mexiko keine Projekte realisieren.
Gregor Harbusch
Zitierweise: Gregor Harbusch, Bestandesbeschrieb Hannes Meyer, in: Website des gta Archivs / ETH Zürich, Dezember 2009, archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/hannes-meyer
© gta Archiv / ETH Zürich und der Autor, alle Rechte bleiben vorbehalten. Dieses Werk darf für nichtkommerzielle, pädagogische Zwecke kopiert und weiterverbreitet werden, wenn die Erlaubnis des Autors und der Inhaber der Nutzungsrechte erteilt ist. Für die Genehmigung wenden Sie sich bitte an das gta Archiv.
Im gta Archiv liegt nur ein Teilnachlass, der insbesondere Pläne, Fotos und Sekundärmaterial von 18 Projekten mit Bezug zur Schweiz umfasst. Weitere Nachlassteile befinden sich im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt a.M. und im Bauhaus in Dessau. Das Material ist vollständig geordnet, nummeriert und objektweise in der Archivdatenbank aufgenommen. Der Bestand umfasst im Einzelnen:
Hannes Meyer lernte 1905-1908 Maurer und Bauzeichner in Basel; nebenbei besuchte er die Gewerbeschule. Seit 1909 war er in der deutschen und Schweizer Bodenreform- und Genossenschaftsbewegungen aktiv. In den Jahren 1910-1912 arbeitete er in Berlin und besuchte nebenbei Hochschulkurse zu Ökonomie, Bodenreform und Städtebau. Es folgten eine Studienreise zu den Gartenstädten in England, der Militärdienst, die Mitarbeit bei Georg Metzendorf in München und in der Krupp’schen Bauverwaltung in Essen.
Ab 1919 war Meyer als Architekt mit einem eigenen Büro in Basel tätig. Sein erster realisierter Auftrag war die genossenschaftliche Siedlung Freidorf in Muttenz (1919-1923) für den «Verband Schweizer Konsumvereine» (VSK). Mit Freidorf wurde Meyer sogleich über die Schweizer Grenzen hinaus bekannt. Die Siedlung wurde nach dem Pestalozzi’schen «System der kleinen Kreise» sozial geordnet. Sie ist formal einem reduzierten Neoklassizismus verpflichtet, dabei als Anlage jedoch modularisiert, normiert und streng orthogonal geordnet.
Im Anschluss hieran entwarf Meyer für den VSK eine Ausstellungsarchitektur in Belgien (1924) und betrieb unter dem Begriff «Co-op» Produktdesign, politisches Theater, Fotografie und Grafik. Er schloss sich der avantgardistischen Basler Architektengruppe ABC an – der unter anderem Hans Schmidt, Mart Stam, Emil Roth angehörten – und konzentrierte sich seit Mitte der 1920er Jahre in seiner Bürogemeinschaft mit Hans Wittwer zunehmend auf die Verwissenschaftlichung der Architektur. Herausragende Projekte dieser Zeit sind die konstruktivistisch orientierten Wettbewerbsbeiträge für die Petersschule in Basel und den Völkerbundpalast in Genf.
Nachdem Meyer 1927 von Walter Gropius als Lehrer an das Bauhaus in Dessau gerufen worden war, wurde er ein Jahr später dessen Nachfolger auf dem Direktorenposten. Standardisierung, Massenproduktion und das Paradigma objektivistischen Entwerfens bestimmten Meyers Architekturlehre. Zusammen mit Hans Wittwer realisierte er 1928-1930 die «Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes» in Bernau bei Berlin und – zusammen mit seinen Schülern – fünf Laubenganghäuser in Dessau-Törten. Auf Grund politischer Auseinandersetzungen wurde er bereits 1930 wieder von seinem Direktorenposten entbunden und siedelte in die UdSSR über, wo er sich vor allem städteplanerisch, theoretisch und im Bereich Wohnungswesen betätigte.
Von 1936-1939 lebte er kurzzeitig wieder in der Schweiz und realisierte für den VSK ein Kinderheim in Mümliswil. Danach ging Meyer nach Mexiko-City, wo er bis 1949 eine Professur bekleidete und auch wieder verstärkt politisch aktiv war. Ebenso wie in der UdSSR konnte er jedoch auch in Mexiko keine Projekte realisieren.
Gregor Harbusch
Zitierweise: Gregor Harbusch, Bestandesbeschrieb Hannes Meyer, in: Website des gta Archivs / ETH Zürich, Dezember 2009, archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/hannes-meyer
© gta Archiv / ETH Zürich und der Autor, alle Rechte bleiben vorbehalten. Dieses Werk darf für nichtkommerzielle, pädagogische Zwecke kopiert und weiterverbreitet werden, wenn die Erlaubnis des Autors und der Inhaber der Nutzungsrechte erteilt ist. Für die Genehmigung wenden Sie sich bitte an das gta Archiv.
Bestand
Im gta Archiv liegt nur ein Teilnachlass, der insbesondere Pläne, Fotos und Sekundärmaterial von 18 Projekten mit Bezug zur Schweiz umfasst. Weitere Nachlassteile befinden sich im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt a.M. und im Bauhaus in Dessau. Das Material ist vollständig geordnet, nummeriert und objektweise in der Archivdatenbank aufgenommen. Der Bestand umfasst im Einzelnen:
- 1 Planschublade (Pläne und grossformatige Fotografien)
- 8 Rollen mit Plänen
- 5 Schachteln Diverses und Sekundärmaterialien (Nekrologe, Zeitschriften- und Zeitungsartikel, Ausstellungsplakate, Pressereaktionen auf Ausstellungen, wenig Biografika, Korrespondenz)
- 5 Schachteln mit 450 fotografischen Reproduktionen diverser Dokumente aus dem Nachlass Meyers im Bauhaus in Dessau
- Fragment von Meyers Bibliothek (katalogisiert, in Nebis: 28-BIB)
Ausgewählte Literatur
- Claude Schnaidt, Hannes Meyer. Bauten, Projekte und Schriften, Teufen 1965.
- Raquel Franklin Unkind, Hannes Meyer in Mexico (1939-1949), (Diss. Technion, Haifa), 1987.
- hannes meyer. 1889-1954. architekt urbanist lehrer, Ausstellungskatalog Bauhaus-Archiv Berlin und Deutsches Architekturmuseum Frankfurt a.M., in Zusammenarbeit mit dem Institut gta der ETH Zürich und dem Museum für Gestaltung Zürich, Berlin, Ernst & Sohn Verlag, 1989.
- Hans-Jürgen Winkler, Der Architekt hannes meyer, Berlin, VEB Verlag für Bauwesen, 1989.
- Martin Kieren, Hannes Meyer. Dokumente zur Frühzeit – Architektur und Gestaltungsversuche 1919-1927, Heiden, Niggli-Verlag, 1990.
- Martin Kieren/Claude Lichtenstein (Hrsg.), Hannes Meyer. Architekt 1889-1954. Schriften der zwanziger Jahre im Reprint, Baden, Lars Müller Publishers, 1990.
- K. Michael Hays, Modernism and the posthumanist subject. The architecture of Hannes Meyer and Ludwig Hilberseimer, Cambridge (MA), MIT Press, 1992.
- Hans-Jürgen Winkler, Baulehre und Entwerfen am Bauhaus 1919-1933, Weimar, Universitätsverlag, 2003.
- Werner Möller (Hrsg.), Das Prinzip coop. Hannes Meyer und die Idee einer kollektiven Gestaltung, Leipzig, Spectormag, 2015. (Edition Bauhaus 48).