Elsa (1900–1974) und Ernst F. (1900–1958) Burckhardt-Blum

Elsa Burckhardt-Blum: Geb. am 27. November 1900 in Zürich, gest. am 7. April 1974 in Männedorf

Ernst Friedrich Burckhardt: Geb. am 7. Juli 1900 in Zürich, gest. am 10. Oktober 1958 in Uckfield, Sussex

Elsa Burckhardt-Blum wuchs in Zürich auf. Ihr Zwillingsbruder ist der bekannte Komponist, Dirigent und Musiklehrer Robert Blum. Bereits als junges Mädchen wollte sie Architektin werden, das väterliche Veto stand diesem Wunsch jedoch fürs Erste entgegen. Sechs Semester Kunstgeschichte – von ihr als «tote Schubladenweisheit» apostrophiert – konnten den ursprünglichen Berufswunsch nicht verdrängen. Nach der Heirat mit dem Architekten Ernst F. Burckhardt im Jahre 1925 begann sie eine sechsjährige Lehrzeit, zuerst im Büro ihres Mannes, dann bei Steger und Egender, die damals gerade die Kunstgewerbeschule und das Kunstgewerbemuseum Zürich projektierten. 1932 wagte sie den Schritt in die Selbständigkeit. Mit dem 3. Preis in einem Schulhauswettbewerb feierte sie einen erfolgreichen Einstand, und auch der erste Auftrag, das vielfach publizierte Atelierhaus Gotthard Schuh in Zollikon (1932/33, 1960 abgebrochen), verschaffte ihr sogleich grosse Anerkennung. Die Baukrise der 1930er Jahre verhinderte eine erfolgreiche Fortsetzung der Karriere. Als Frau und politisch linksorientiert – Burckhardt-Blum war 1929 allein in die Sowjetunion gereist – hatte sie es besonders schwer, an Aufträge zu gelangen. Auf Eigeninitiative entstand die Wohnkolonie Heslibach in Küsnacht (1931–1953, mit Ernst F. Burckhardt).

Ernst F. Burckhardt wurde in Zürich geboren, stammte aber aus dem bekannten Basler Geschlecht dieses Namens und war ein Neffe des Bildhauers Carl Burckhardt wie des Malers Paul Burckhardt. Nach der Matura arbeitete er als Volontär im Büro der Gebrüder Pfister in Zürich. Von 1920 bis 1924 absolvierte er ein Architekturstudium am University College in London, danach eröffnete er in Zürich ein Architekturbüro. Burckhardt war ein Protagonist der Zürcher Architekturavantgarde und an fast allen ihrer Manifestationen beteiligt. Er gehörte zur «Kollektivgruppe» von Schweizer Architekten, die 1927 anlässlich der Stuttgarter Werkbund-Ausstellung mit der Möblierung und Einrichtung von Ludwig Mies van der Rohes Appartementhaus in der Weißenhofsiedlung beauftragt war. 1931 richtete er bei der Wohnausstellung in der Zürcher Werkbundsiedlung Neubühl eine Wohnung mit altem und neuem Mobiliar ein. 1933/34 realisierte er mit Karl Knell den Umbau des Corso-Theaters in Zürich in einen modernen Varieté- und Kinobetrieb sowie von 1934 bis 1936 mit Karl Egender die evangelisch-reformierte Johanneskirche in Basel, die erste Stahlbau-Kirche der Schweiz. Für die Schweizerische Landesausstellung 1939 in Zürich entwarf er das Veska-Spital und die Pavillons der Pharma-Chemie. Burckhardt war auch ein engagierter Autor. Seit 1932 CIAM-Mitglied gründete er 1934 zusammen mit Sigfried Giedion, Werner M. Moser, Alfred Roth, Rudolf Steiger und Werner Jegher die Zeitschrift weiterbauen als «Diskussionsblatt für die Probleme des Neuen Bauens und verwandter Gebiete». Seit 1937 schrieb er für die Neue Zürcher Zeitung, seit 1944 für die Zeitschrift Plan, deren Redaktion er von 1946 bis 1952 angehörte. Ein ganz besonderes Interesse galt dem Theater und dem Theaterbau. Davon zeugen seine Schriften, seine Entwürfe (Volkstheater Zürich 1950, Theater für Durban, Südafrika, 1958) wie auch seine Lehrtätigkeit an der ETH Zürich. Burckhardt war Mitglied des Royal Institute of British Architects (RIBA) und des Town Planning Institute in London.

Obwohl Elsa Burckhardt-Blum und Ernst F. Burckhardt verschiedentlich zusammenarbeitete hatten, gingen sie erst 1949 offiziell eine Bürogemeinschaft ein. Einer der bekanntesten Bauten aus dieser Zeit ist das 1952 fertiggestellte Flussbad Oberer Letten in Zürich (1957 Auszeichnung für gute Bauten der Stadt Zürich). 1954 wurde der langjährige Mitarbeiter Alois Müggler in die Firma aufgenommen. Das Schicksalsjahr 1958 war durch beruflichen Erfolg – Burckhardt-Blum konnte für die Saffa (Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit) in Zürich drei der repräsentativsten Ausstellungsbauten realisieren (Haus der Kantone, Theater und Restaurant) – und eine private Tragödie gekennzeichnet: Während einer Ferienreise durch Südengland verunglückte das Ehepaar mit dem Auto. Burckhardt starb, seine Frau wurde schwer verletzt und musste danach mit Spätfolgen leben. Mit Louis Perriard als neuem Teilhaber (seit 1960) entstanden in den letzten Jahren noch verschiedene Bauten, namentlich das durch räumliche Komplexität gekennzeichnete Haus Homberger in Zollikon (1961–1965). Daneben widmete sich Elsa Burckhardt-Blum zunehmend der freien künstlerischen Betätigung (Ausstellung im Zürcher Helmhaus 1965).

Bruno Maurer

Zitierweise: Bruno Maurer, Bestandsbeschrieb Elsa und Ernst F. Burckhardt-Blum, in: Website gta Archiv / ETH Zürich, April 2021, archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/elsa-und-ernst-f-burckhardtblum
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Bestand


  • 9 Laufmeter und 1 Planschrankschublade Pläne, Fotos, Publikationen zu circa 200 Bauten und Projekten sowie Texte, thematische Sammlungen und Biografika
  • 1 Planschrankschublade Ausstellungstafeln

In anderen Beständen des gta Archivs
  • Protokolle und Korrespondenz der Schweizer und Zürcher CIAM-Gruppen im CIAM-Archiv

Ausgewählte Literatur



Eigene Schriften
  • E[rnst] F[riedrich] Burckhardt, Heimatschutz und Neues Bauen, in: weiterbauen 6 (1936), S. 41–43.
  • Ders., Die Entwicklung des Theaterraumes, in: Das Werk 23 (1936), Nr. 11, S. 325–341.
  • Ders., Theaterbau gestern und heute, in: Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur 18 (1948), S. 7–40.

Sekundärliteratur
  • Hans Marti, Ernst F. Burckhardt, in: Schweizerische Bauzeitung 76 (1958), Nr. 49, S. 745–746. (Nekrolog)
  • Künstler-Lexikon der Schweiz. XX. Jahrhundert, Bd. 1, Frauenfeld 1958–1961, S. 150–152.
  • Um 1930 in Zürich, Zürich 1977 (Wegleitung 312 des Kunstgewerbemuseums der Stadt Zürich).
  • Christoph Bignens, Corso. Ein Zürcher Theaterbau 1900 und 1934, Teufen 1985.
  • Evelyne Lang, Les premières femmes architectes de Suisse, Diss., EPF Lausanne, 1992.
  • Isabelle Rucki und Dorothee Huber (Hg.), Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel/Boston/Berlin 1998, S. 103–104.
  • Bruno Maurer, Zürcher Architektinnen. Zwölf Porträts – elf Bauten, Ausst.-Kat. Stadelhofer Passage, Zürich 2000 (Das kleine Forum 22).
  • Susanne Schrödter, Burckhardt, Ernst Friedrich, AKL Online, Allgemeines Künstlerlexikon Online / Artists of the World Online, 2020.